Das Messsystem PlantVital®5000 als geeignetes Instrumentarium für den objektiven Nachweis des Zustandes der Vegetation



1. Einleitung


Das Gerätesystem PlantVital®5000 ermittelt die Vitalität Chlorophyll "a" tragender Spezies anhand der Sauerstofffreisetzung im Prozess der Primärproduktion (Photosynthese). Die technischen Daten des Gerätesystems sowie dessen Beschreibung sind in den Informationsbriefen 01/04 und 02/04 dargelegt. Die Gesamtphilosophie der Messtechnik ist ausführlich im Informationsbrief 03/04 beschrieben und die Gerätestrategie für dieses Messsystem kann man dem Applikationsbrief 01/04 entnehmen. Weiter unten wird in einigen Beispielen dargelegt, dass dieses Bioindikationsverfahren einen bedeutenden Beitrag zur kontinuierlichen Kontrolle von Entwicklungstrends in der Belastung der Vegetation in urbanen und in ruralen Bereichen sowie ihrer natürlichen Ressourcen leisten. Somit ist es als Grundlage für eine rechtzeitige Einleitung von Steuerungsmaßnahmen bei der Überschreitung von Toleranzwerten zu betrachten, die damit verbundenen Gefahren für Natur und Umwelt abzuwenden. Die Vegetation hat einen enormen gesundheitlichen sowie ästhetischen Einfluß auf den Menschen. Städtisches Grün schmückt die City und bringt enorme Beiträge für die Reduzierung von schädlichen Einflüssen auf die Umwelt, ruft ein spezifisches Mikroklima hervor durch die Reduzierung von Luftbewegungen und des Schallpegels. Allerdings benötigt gerade die städtische Vegetation Schutz und Pflege. Das gesellschaftliche Leben einer Stadt hat enorme Einflüsse auf die Vitalität der Vegetation. Chemische Verunreinigungen, der Einfluß von Mikropartikeln in der Luft und die Bodenverunreinigungen sind primäre Umwelteinflüsse. Es ist bekannt, dass diese urbanen Einflüsse die Vegetation stark beeinflussen. Diese Modifikationen berühren die individuellen physiologischen und morphologischen Parameter, die Phänotype sowie die Langlebigkeit, das Wachstum und die Evolution. Sie vermindern die Widerstandskraft der Vegetation gegenüber verschiedenen Belastungen wie Trockenheit, Kälte und Schädlingen.


2. Verbesserung der Luftqualität


Dem Beitrag der Bäume für die Erhaltung der Umwelt, für Erholungsräume und als Lieferant des nachwachsenden Rohstoffes Holz kommt eine erhebliche Bedeutung zu.

Der Zustand der Bäume ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Unter anderem ist zu verzeichnen, dass die Fähigkeit zur Sauerstofffreisetzung von Typ zu Typ unterschiedlich ist.

Der Vergleich der Sauerstofffreisetzung einiger Laubbäume (Abb. 1) und Nadelbäume    (Abb. 2) ermöglicht die Einleitung von Maßnahmen, die die Qualität der Luft in Ballungsräumen deutlich  verbessern könnten. (Andere wirtschaftliche Aspekte sind dabei allerdings in die Betrachtung einzubeziehen.)



Abb. 1. Vergleich der Sauerstofffreisetzung "S" einiger Laubbäume unter sonst gleichen Bedingungen.1-Akazie, 2-Traubenkirsche, 3-Kirschbaum, 4-Flieder, 5-Jasmin, 6-Linde, 7-Ligusterhecken, 8-Johannisbeere, 9-Kastanie, 10-Busch-Hecken, 11-Ahorn, 12-Schneeballbaum, 13-Hagebutte, 14-Weide, 15-Pappel, 16-Birke


Abb. 2. Vergleich der Sauerstofffreisetzung "S" bei verschiedenen Nadelbäumen unter sonst gleichen Bedingungen.

1- Tuja(grün), 2-Tuja(blau), 3- Kiefer, 4-Zirbel, 5-Fichte, 6-Tanne(grün), 7-Tanne(blau), 8-Lärche



3. Schädigung von Alleebäumen in urbanen Gebieten


In Abbildung 3 sind Messungen an Straßenbäumen (Linden) mit Verdacht auf Schädigungen dargestellt. Mit Hilfe von Messungen mit der PlantVital®-Methode wurden sowohl beginnende Schädigungen an optisch intakten Bäumen (Baum 3) als auch starke Beeinträchtigungen der Photosyntheseleistung (Baum 4, 5) nachgewiesen. Als Vergleich dienten zwei unbelastete, gesunde Linden, im gleichen Straßenzug (Baum 1, 2). Subjektive Bonituren zeigten bei den Bäumen 4 und 5 leichte, bei dem Baum 3 überhaupt keine Veränderungen. Genauere Untersuchungen des Straßenzuges zeigten leichte Undichtheiten in den unterirdischen Erdgasleitungen, die die Ursache für die Schädigungen waren. Nach der Behebung dieser Schäden fanden die Bäume nach 2 Jahren in ihren Normalzustand zurück. 

Das neue Bioindikationsverfahren kann somit einen wichtigen Beitrag für die kontinuierliche Kontrolle des Entwicklungstrends in der Belastung der Landschaft und ihrer natürlichen Ressourcen leisten und als Grundlage für rechtzeitige Einleitung von Steuerungsmaßnahmen bei der Überschreitung von Toleranzwerten und den damit verbundenen Gefahren für die Landschaft dienen.

Abb. 3. Photosyntheseleistung von Linden nachgewiesen mit der PlantVital®-Methode.


4. Freilanduntersuchungen an Kiefern


In Zusammenarbeit mit dem Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft wurden Untersuchungen an Kieferkulturen durchgeführt. Das untersuchte Pflanzenmaterial stammt von zwei Versuchsanlagen des Instituts für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung (Baumschule Waldsieversdorf und Klonarchiv im Versuchsrevier). Die Versuchsbedingungen sind relativ homogen. Die Untersuchung eines Einzelbaums an 4 Probenahmepunkten (N,O,S,W) und bei 2 Nadeljahrgängen (2002, 2003) zeigt eine relativ geringe Streuung. Sie beträgt über alle Messungen 8,6%. Zwischen den beiden Nadeljahrgängen gibt es keinen Unterschied. Die Exposition spielt eine Rolle. Die Nadeln der Südseite produzierten am stärksten Sauerstoff (gesichert). Die übrigen Richtungen unterschieden sich nicht. Der Vergleich der Werte von Nadeln gleichen Alters eines Baumes zeigt nur geringfügige Abweichungen, d.h. Nadeln eines Baumes mit ähnlicher Position verhalten sich gleich.

Der Vergleich der Sauerstoff-Freisetzung von Nadeln, die von unterschiedlichen Stellen des Probezweiges stammen, zeigte kleine Unterschiede. Der Prozess der Veränderung der Nadelfarbe ist phänotypisch sehr unterschiedlich und hängt stark vom Genotyp ab. Pflanzen, die zu einer Nachkommenschaft gehören (ähnlicher Genotyp, da gleiche Elternbäume), verhalten sich ähnlich.

Die höchsten Werte wurden bei Nadeln gemessen, die aus der Mitte des Zweiges entnommen wurden. Die geringsten Werte wurden bei Nadeln aus der Spitze verzeichnet. Die jüngsten Nadeln reagieren offensichtlich am stärksten auf niedrige Temperaturen. Der Abfall der Werte am Ende des Zweiges ist darauf zurückzuführen, dass es sich dabei um die ältesten Nadeln mit zurückgehender photosynthetischer Aktivität handelt. Der Vergleich der Sauerstoff-Freisetzung verschiedener Einzelbäume zeigt große Unterschiede. Die geprüften Pflanzen gehören unterschiedlichen Nachkommenschaften an, d.h. sie haben unterschiedliche Elternbäume und unterscheiden sich somit im Genotyp.

Vergleichende Untersuchungen von mehreren Individuen einer Nachkommenschaft (China-Kreuzungen) zeigen unterschiedliche Ergebnisse. Einerseits findet man Nachkommenschaften, die sehr homogen sind (kleine Streuung der Werte der Einzelbäume) und möglicherweise auf geringere genetische Unterschiede schliessen lassen. Da es sich bei diesen Nachkommenschaften um Vollgeschwister handelt (def. Vater- und Mutterbaum), lassen sich die geringen Streuungen erklären. Die Einzelbäume der Nachkommenschaft 13 und 14 weisen dagegen sehr unterschiedliche Werte auf und der Mittelwert hat eine entsprechend größere Streuung. Hier handelt es sich um Halbgeschwister - Nachkommenschaften, die möglicherweise eine höhere genetische Variabilität innerhalb der Nachkommenschaft besitzen.

Es konnte eine Beziehung zwischen gelblichen Nadelverfärbungen (Flecken, Streifen) bzw. Nekrosen und der Sauerstoff-Freisetzung festgestellt werden. Zweige mit diesen Schadsymptomen setzen deutlich geringere Mengen an Sauerstoff frei. Die Schadsymptome wurden teilweise durch Schaderreger wie Blattlausbefall im Sommer hervorgerufen (Nekrosen).


Abb. 4. Vergleich der Sauerstofffreisetzung "S" verschiedener Kiefern. (Nummer 13, 14, ..-Bezeichnung der Nachkommenschaften in der Baumschule Waldsieversdorf).


Es deutet sich bei der Baumart Kiefer an, dass die Streuungen am Einzelbaum bzw. innerhalb definierter Populationen nicht größer als die Gesamtstreuung ist, d.h. das Merkmal der Sauerstoff-Freisetzung kann zur Charakterisierung von definiertem Pflanzenmaterial genutzt werden.

Abb. 5. Vergleich der Sauerstofffreisetzung "S" an verschiedenen Bäumen innerhalb einer Nachkommenschaft. (Nummer 13, 23 Bezeichnung der Nachkommenschaften in der Baumschule Waldsieversdorf, 1,2 .. - Nummer des Baumes innerhalb einer Nachkommenschaft).


Abb. 6. Vergleich der Sauerstofffreisetzung "S" an verschiedenen Kiefern aus dem Klonarchiv. (Gl 19.., Bor 9... - Bezeichnung des Baumes im Klonarchiv).



5. Untersuchung von in-vitro-Sprosskulturen


In Zusammenarbeit mit dem Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft wurden Untersuchungen an verschiedenen Baumkulturen durchgeführt.

In einer ersten Versuchsreihe ging es um das Auffinden von Unterschieden in der Photosynthese-Aktivität von In-vitro-Sprosskulturen nach unterschiedlich langer Kultivierungszeit und von Hinweisen auf das Aktivitäts-Niveau der untersuchten Baumarten in vitro.

Als Untersuchungsmaterial dienten in-vitro-Sprosskulturen von je zwei Klonen von Braunmaser-Birke (Betula pendula var. carelica), Robinie (Robinia pseudoacacia), Buche (Fagus sylvatica) und einem Klon Stiel-Eiche (Quercus robur). Es wurden jeweils Kulturen, die vor relativ kurzer Zeit auf frisches Nährmedium gesetzt hat und solche mit längerer Standzeit verwendet. Aus je zwei Erlenmeyerkolben wurden drei junge, voll entwickelte Blätter entnommen und von diesen die Sauerstoff-Freisetzung gemessen. Der Mittelwert und die Standardabweichung dieser drei Messungen wurde gebildet.


Abb. 7. Quercus robus                         Abb: 8. Robinia pseudoacacia


Ergebnisse: Es ist bei allen Proben und allen untersuchten Baumarten ein deutlicher Unterschied zwischen den relativ frischen Kulturen und den schon seit längerer Zeit auf Nährmedium stehenden zu finden.

Schlussfolgerungen: Die Messungen der Sauerstoff-Freisetzung von in-vitro-Kulturen verschiedener Baumarten zeigen eine Reihe interessanter Ergebnisse, die nach langfristiger Vorbereitung und Einbeziehung weiterer Proben noch bestätigt und ausgebaut werden.

Es ist künftig zu prüfen, wie der Verlauf der Photosynthese-Aktivität einer Sprosskultur über den Kultivierungszeitraum und darüber hinaus ist, um herauszufinden, ob die derzeit eingehaltenen Subkulturzeiträume von 4 bis 5 Wochen bei den Laubgehölzen und 6 Wochen bei Nadelgehölzen tatsächlich optimal sind. Diese Zeiträume stützen sich bisher sowohl auf umfangreiche Literaturhinweise als auch auf langjährige Beobachtungen der in-vitro-Kulturen einer Vielzahl von verschiedenen Forstbaumarten.



Lfd. Nr.

Baumart

Klon

letzter Nährmedien-Wechsel

Bemerkung

  1

Stiel-Eiche

NL 100A

25.07.03


  2

Stiel-Eiche

NL 100A

07.10.03


  3

Braunmaser-Birke

2/97

15.09.03


  4

Braunmaser-Birke

2/97

29.10.03


  5

Braunmaser-Birke

BB24

16.09.03


  6

Braunmaser-Birke

BB24

29.10.03


  7

Buche

Gh12

01.08.03


  8

Buche

Gh12

09.10.03


  9

Buche

9193/9

08.10.03

10

Robinie

2439

25.07.03


11

Robinie

2439

25.09.03


12

Robinie

2499

03.06.03


13

Robinie

2499

29.07.03


14

Robinie

2444

09.10.03

normale Sprosse

15

Robinie

2444

09.10.03

glasige Sprosse

16

Robinie

2498

22.10.03

normale Sprosse

17

Robinie

2498

22.10.03

glasige Sprosse

Tab 1. Proben aus  In-vitro-Spross-Kulturen


Abb. 9. Vergleich der Sauerstofffreisetzung "S" von verschiedenen Baumarten (In-vitro- Sprosskulturen) bei unterschiedlichen Kultivierungszeiträumen. (N1100A.., 2/97.., BB24.. - Bezeichnung der Baumarten im Klonarchiv, a, b - Wiederholungsversuch, 25.07.. - Datum der Aussetzung der Kulturen auf Nährmedium).



6. Untersuchung von Straßenbäumen an unterschiedlichen urbanen Standorten


Zur Bestimmung der Lebensqualität in urbanen Gebieten werden üblicherweise Luftgütemessungen durchgeführt (siehe auch entsprechende EU-Richtlinie).

Luftgütemessungen erfassen Werte des Ist-Zustandes zum Zeitpunkt der Messung. Dem gegenüber haben mehrjährige Pflanzen in der gleichen Region (Bäume und Sträucher) die Eigenschaft, die Bedingungen der vergangenen Vegetationsperioden in einer Art Gedächtnis zu summieren, wobei natürlich die aktuelle Vegetationsperiode dominant ist. In sofern stellt die Messung der Vitalitätsparameter an dieser Spezies wesentlich eindrucksvoller dar, in welcher Situation, hinsichtlich der Umweltbelastung über einen längeren Zeitraum, sich diese Region befindet.

Auch der Einfluss von Schädlingen, die über mehrere Jahre die Vegetation in Mitleidenschaft ziehen, kann darüber ausgedrückt werden. In den folgenden drei Abbildungen ist ein Vergleich der Vitalität "S" von Lindenbäumen dargestellt, die an zwei verschiedenen Standorten in Berlin und Strausberg bestimmt wurden.

Der Standort Berlin ist gekennzeichnet durch einen Verkehrsknoten von Eisenbahn, öffentlichem Nahverkehr, Gütertransport und Personenverkehr, der Standort Strausberg ist gekennzeichnet durch nahezu kurortähnliche Verhältnisse.

Des weiteren ist ein Vergleich der Vitalitätsparameter an Kastanien angegeben, die von der Miniermotte befallen wurden. Daraus ist ersichtlich, dass die Widerstandskraft von Bäumen gegenüber Schädlingen unter günstigeren Standortbedingungen größer ist.


®

Abb. 10. Vergleich der Vitalitätswerte "S" bei Lindenbäumen in Strausberg und Berlin.


Abb. 11. Vergleich der Vitalitätswerte "R" (Respiration) und "S" (Emission), dargestellt an den Baumarten Kastanie, Eiche und Linde in unterschiedlichen urbanen Regionen (Berlin und Strausberg).


Abb. 12. Darstellung der Widerstandskraft von Kastanien gegen den Miniermottenbefall in Abhängigkeit vom Standort (Berlin und Strausberg).



7. Vergleich des Photosynthesevermögens einiger Pflanzengruppen


Signale von Pflanzen im Prozess der Primärproduktion erhält man über Fluoreszenzmessungen mittels Nachweis der Sauerstoffbilanz oder der CO2-Bilanz. Alle drei Methoden setzen an unterschiedlichen Stellen des Photosyntheseprozesses an. Ein grober Vergleich der einzelnen Methoden ist deshalb von Interesse. Für C02-Messungen sind industrielle Messsysteme seit vielen Jahren verfügbar, deshalb kann man Übersichtswerte bereits der Literatur entnehmen. Für die Sauerstoffmessung gibt es dagegen wenig verfügbares Material. In der Tabelle sind Werte beider Methoden gegenübergestellt: Literaturwerte für die C02-Messungen und Mittelwerte aus firmeneigenen Untersuchungen für die Sauerstoffmessungen.


Pflanzen

CO2-Aufnahme

O2-Emission


µmol/m² s

µmol/m² s


(Literaturangaben)

(gemessene Werte)

C4-Pflanzen:

Mais

15 - 54

15,7 - 29,1

C3-Pflanzen:

Nutz- und


Kulturpflanzen

4,4 - 35

4,4 - 29,6

Winterweizen

10,5 -18

9,0 - 12,14

Laubbäume

6,0 - 15,0 

6,2 - 15,5

Nadelbäume

3,0 - 10,8

3,2 - 8,25


Tab 2. Vergleich des Photosynthesevermögens einiger Pflanzengruppen, dargestellt an Werten der CO2-Aufnahme (Literaturangaben) und der O2-Emissionswerte (eigene Messungen).